Herr Ebermann beschreibt sehr schön, wie der Heimatbegriff für viele unschöne Dinge missbraucht wird. Nun, da hat er natürlich recht, nur, er geht nicht weit genug in seiner Analyse, denn das ganze Leben des Menschen läuft auf dieser emotionalen Schiene. Es ist das, was den Menschen ticken lässt und man macht es sich zu einfach, alles auf dem Heimatbegriff abzuladen. Es ist nur ein Aspekt von fast allem, was Mensch tut. Nehmen sie die Liebe, eine Verwirrung des menschlichen Denkens mit dem evolutionären Hintergrund der Vermehrung. Sobald man dies auf die reine Faktenlage reduziert, bleibt von der Schlagerindustrie und der Poesie, der hoch gefeierten, nichts übrig, als hohles Getön. Nehmen sie die Politik, genau dasselbe. Beispiel: Gestern Abend im TV. Frau Kramp-Karrenbauer kann gar nicht verstehen, dass SPD und Grüne Abgeordnete eine deutsche Frau (Frau von der Leyen) nicht unterstützen. Was ist das? Nationalismus, Patriotismus und Populismus, weil sie vermutet (weiß), dass die Menschen in diesem Land das so empfinden. Die Frage ist, weiß sie wirklich um die Hintergründe oder empfindet sie das tatsächlich? Sicher sehen das nicht alle so, aber bei der überwiegenden Mehrheit wird es wohl stimmen. Unser kapitalistisches (evolutionäres) System beruht darauf.
Der Mensch lebt auf einer Scheibe, nicht auf einem Planeten. Weil er es immer so gedacht hat geschieht dies völlig unbewusst. Das heliozentrische System wird in der Praxis nicht wahrgenommen. Die Sonne geht auf, nicht die Erde dreht sich. Das ist das Problem, und der Heimatbegriff wird von vielen nur bemüht, um lauter genauso archaische Dinge mit Sinn zu erfüllen. Das gilt für Migration genauso. Man sollte nicht von Volk sprechen, sondern von Mitbewohnern. Viele andere Dinge, wie der Umgang mit latenten Krisen, sei es Klima, Vergiftung der Umwelt, Plastik, Trinkwasser etc. laufen alle auf diesem nicht faktengesteuerten Tun ab. Es hängt alles an unserem Steinzeit Hirn. Unsere Denke die eben nicht gedacht, sondern gefühlt. Die Evolution fährt sich hier selbst an die Wand.
Diese Problematik sollte bekannt gemacht werden. Nur auf dem Heimatbegriff herumzureiten greift zu kurz.
Immerhin bleibt einem im Altern, trotz des Wissens um die Hintergründe, das Erinnern an die Jugend. Naturerlebnisse aus vergangener Zeit, an die man mit Wehmut zurückdenkt. Emotion pur. Ist das Heimat?
Redaktion meint
Artikel vom 17. Juli 2019 „„Heimat ist eine Ideologie, die mit dem bestehenden Falschen versöhnt“ – Katja Thorwarth im Interview mit Thomas Ebermann
Leserbrief vom 17. Juli 2019
Veröffentlich am 23. Juli 2019